Trauer

 
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Nichts ist so beständig, wie der Wandel
— Heraklit

Richtig trauern

Immer wieder komme ich darauf zurück: dann, wenn wir Menschen hilflos sind, suchen wir Halt in Strukturen, in Phasenkonzepten, in Handlungsleitlinien. Trauer – der durch Verlust ausgelöste innere Prozess – wann ist sie bewältigt? Wann ist sie aufgearbeitet?

Bewältigen, aufarbeiten, beenden…., damit aus dem Verlust wieder Lust wird. „Erst die Arbeit, dann das Spiel…?“

Die Konzepte zur Trauerarbeit haben sich jedoch sehr verändert. Phasenmodelle können Halt geben, doch „State of the Art“ ist: jeder Trauerprozess verläuft anders und hängt von vielen Faktoren ab. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Reaktionen der Umwelt.

Wie sollen wir damit umgehen

„Darum herum gehen“ fällt mir spontan ein als Wortspiel. Wie können wir darum herum gehen – um die eigene Hilflosigkeit. Kondolieren mit passenden Karten oder im Rahmen der formell geregelten Beisetzung. Ja, aber was tun bei der unvorhergesehenen persönlichen Begegnung? Am Arbeitsplatz, als Nachbarin oder beim Einkaufen….?

Was ist angemessen? Was hilft?

Echtheit oder Konvention

Wie ich dem Trauernden begegne hängt sicher auch von der Beziehung zu ihm ab. Aber nicht nur. Die Email einer ehemaligen Kollegin, zu der ich kaum noch Kontakt hatte, bestand aus einer einzigen Zeile: „Margret, mir fehlen die Worte, mehr kann ich nicht dazu sagen.“ Das tat gut. Sie hat nicht geschwiegen, weil ihr die Worte fehlten, sondern das Wichtigste gesagt. Mir ging es ja genauso.

Während des Gesprächs mit dem Pfarrer zur Vorbereitung der Verabschiedung, einen Tag nach dem Tod meines Sohnes,  schrie ich ihn verzweifelt an: „Und – wo ist er jetzt“. Eine sinnlose Frage - natürlich. Aber ein Ventil für den unerträglichen Schmerz. Er breitete seine Arme aus und antwortete mit der größten Selbstverständlichkeit: “Er ist hier, hier mitten unter uns.“ Er hat reagiert, wie ein Pfarrer reagieren soll? Ja, vermutlich. Aber wie ein Pfarrer, der das lebt, was er glaubt. Und er hat mich erreicht, hat mitten ins Herz getroffen. Nicht das, was er sagte (damit konnte ich überhaupt nichts anfangen), aber wie er es sagte, aus tiefster innerer Überzeugung. Das war heilsam und hat mich total beruhigt. Die Szene hat mich den ganzen Tag über begleitet und ich erinnere mich immer noch gerne daran zurück, obwohl es einer der schlimmsten Tage meines Lebens war.

 Wann ist die Trauer aufgearbeitet

Wenn die Grabbesuche weniger werden?
Wenn alle Feste des Jahres gefeiert werden können ohne zu weinen?
Wenn Gedanken an die Verstorbenen nicht mehr traurig machen?  
Wenn es wieder möglich ist, unbefangen „über alles“ zu reden?
Wenn….?
Ja, mag sein. 
Die Schockstarre darf nicht in der Depression hängen bleiben, ebenso wenig die emotionale Betroffenheit. Das sollte sich wandeln, wenn nötig mit passender Begleitung.

Beginn zur Transformation

Doch Trauer kann mehr, sie ist auch Beginn zur Transformation. Die Beziehung zum Verstorbenen endet nicht, sondern verlagert sich auf eine andere Ebene. Die besondere innere Gestimmtheit weitet das Bewusstsein, macht offen dafür, sich auf die geistige Dimension der eigenen Existenz zu besinnen und ist dadurch eine Chance für den Wandel von Wertigkeiten und Veränderungen im äußeren Leben. Nicht zurück zum Alten, sondern Ankommen im Neuen als Zeichen „gelungener Trauerarbeit“ beendet die Unruhe und Ungewissheit „Zwischen nicht mehr und noch nicht“. Nähere Details zur gleichnamigen Trauergruppe findest Du hier.